Wie kommen Frauen in die Politik?

Girls‘ Day-Teilnehmerinnen interviewen Landesvorsitzende

Sechs interessierte Mädchen haben heute einen Tag in der GRÜNEN Parteizentrale in Rheinland-Pfalz verbracht. Wie Frauen in die Politik kommen, welche Themen sie beschäftigen (alle!) und wie Frauen in der Politik kommunizieren – darüber haben sie einen Tag lang viel gelernt und diskutiert.

Was sie als Kind werden wollte, welche Hürden es auf dem Weg zur Berufspolitikerin gab und was die größten politischen Ziele der nächsten zehn Jahre sind, darüber spricht Landesvorsitzende Natalie Cramme-Hill im Interview mit drei Teilnehmerinnen.

Wieso bist du Politikerin geworden?

Spannende Frage, das hatte ich eigentlich nicht vor. Ich habe zwar schon immer GRÜN gewählt, aber eigentlich erst beschlossen, mich zu engagieren, als ich mit meiner Familie in Trier wohnte. Die Rodung des Hambacher Forstes war dann für mich der Moment, in dem ich gemerkt habe, dass ich einen Beitrag leisten will.

Wieso bist du Politikerin bei den Grünen?

Wenn, dann Grün! So habe ich schon immer gedacht, denn ich bin in Nennig in der unmittelbaren Nähe zum französischen Atomkraftwerk Cattenom aufgewachsen. Mein Geburtsjahr 1986 war das Jahr von Tschernobly. Die Anti-Atom-Bewegung war in unserer Gegend immer sehr präsent.

Welche Erfolge gab es in deiner Amtszeit schon?

Als Parteipolitikerin setze ich zwar nicht direkt Entscheidungen um und gestalte Gesetze, aber ich sorge dafür, dass Menschen in unserer Partei in allen Kreisverbänden im Land gute Bedingungen haben, um sich zu engagieren und einzubringen. Für mich ist es ein Erfolg, dass wir an vielen Stellen schon Strukturen für mehr Beteiligung schaffen konnten – für alle Mitglieder oder einzelne Gruppen, wie Frauen.

Welche Schwierigkeiten gab es in deinem Berufsweg?

Eine Herausforderung war natürlich die Wahl zur Landesvorsitzenden. Wegen der Corona-Pandemie musste sie verschoben werden, parallel habe ich Vollzeit in meinem früheren Beruf gearbeitet und die Care-Arbeiten in der Familie erledigt.

Mit Familie – das gilt für mich als Mutter, aber auch für alle anderen Menschen in Verantwortung – ist es auch traurig, wenn ich in Wochen mit einer Arbeitzeit von 60 oder mehr Stunden meine beiden Jungs nur wenig sehe.

Was wolltest du früher werden? Und warum bist du das nicht geworden?

Als ich klein war wollte ich Restauratorin oder Bühnengestalterin werden, etwas Gestalterisches! Auch eine klassische Musikausbildung habe ich absolviert. Später wurde ich stattdessen Chemielaborantin – ich liebe Zahlen, Daten und Excel-Tabellen. Als ich eine Familie hatte, habe ich mich dann neu orientiert, dann werden auch andere Themen oft wichtiger.

Wie findest du es, dass Frauen in der Coronazeit wieder in alte Rollenbilder gerutscht sind?

Das ist der größte Albtraum! Wir brauchen nicht mehr Homeoffice für Frauen! Care-Arbeit geht nicht nur Frauen an, sondern die gesamte Gesellschaft. Bei Corona gabe es einen schlimmen Impact in der Gesellschaft, Frauen waren da sozial auch mehr betroffen, denn sie arbeiten oft in sozialen Berufen.

In Brasilien ist Gewalt gegen Frauen ein großes Thema – wie ist das denn hier im Land?

Ein großer Schritt in der internationalen Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen ist die Istanbul Konvention, die Deutschland 2017 retifiziert hat. Prävention und Schutz von betroffenen Frauen sind ein großes Thema für uns. Für die 17 Frauenhäuser im Land und ihre Finanzierung setzt sich unsere GRÜNE Familienminsiterin Katharina Binz ganz besonders ein. Ich durfte bereits einige Frauenhäuser besuchen – das ist ein geschützter Raum für Frauen, die nicht freiwillig dort sind. Dort wird wichtige Arbeit geleistet. Dafür wünsche ich mir noch mehr Geld!

Was ist noch nötig, um Frauen weiter zu fördern?

Wir brauchen Equal Pay! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Das beginnt bei Rollenzuschreibungen und -klischees in der Kindheit. Nicht nur Mädchen sollten in den Spielküchen gezeigt werden, sondern auch Jungs. Meine Kinder gendern, sie gehen nicht zum Arzt, sondern zu einer Ärztin und dieses Umdenken finde ich ganz wichtig.

Was ist das größte politische Ziel in den nächsten 10 Jahren?

Atomkraft haben wir abgeschafft, an Equal Pay arbeiten wir – das große Thema ist natürlich die Klimakatstrophe, die eure Generation viel stärker noch betreffen wird, als uns. Dagegen arbeiten wir mit aller Kraft, im Bund und hier in Rheinland-Pfalz, zum Beispiel mit dem Umstieg auf Erneuerbare Energien. Da geht es auch um Zukunftspolitik.

Das Interview führten Ida Wackernagel, Shiva Jandaghi und Liliana Schadow.