Europäische Initiativen für Kinderschutz und Kinderrechte verbindlich machen 12. April 2021 Gastbeitrag von Romeo Franz, MEP Die Corona-Krise hat uns auf vielerlei Art und Weisen unvorbereitet erwischt und hart getroffen. Eine Dimension davon ist, dass die existierende soziale Ungleichheit in unserem Land noch weiter verschärft wurde. Bereits vor der Corona-Krise hat bereits jeder zehnte Mensch in Deutschland von der Grundsicherung gelebt. In der Pandemie ist diese Zahl deutlich gestiegen. Dabei handelt es sich nicht nur um Langzeitarbeitslose, sondern oftmals auch um alleinerziehende Eltern, Renter*innen und nicht zuletzt Kinder. Erst im letzten Sommer stellt die Bertelsmann Stiftung fest, dass in Deutschland mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland, also 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche, in Armut oder Armutsgefährdung leben. Durch die Pandemie steigt diese Zahl weiter. Kurzarbeit der Eltern, Kita- und Schulschließungen und Mehrkosten durch Homeschooling erhöhen die Haushaltbelastung von Familien zusätzlich. Die Konsequenzen sind für die Kinder verheerend, da sie existierende Benachteiligungen im Bildungssystem verstärken, gesellschaftliche Teilhabe erschweren und Ausgrenzung fördern. Diese Situation lässt sich in der Mehrheit der EU Mitgliedstaaten auf ähnlich Art beobachten. Deshalb fordert das Europäische Parlament bereits 2015 die Einführung einer Kindergarantie, die dazu beitragen soll, dass jedes Kind in Europa, das von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht ist, Zugang zu kostenloser Gesundheitsversorgung, Bildung, frühkindlicher Bildung und Betreuung, angemessenem Wohnraum und angemessener Ernährung hat. Erste Resultate dieser politischen Initiative für eine Kindergarantie sind, dass im Rahmen der nächsten Generation des Europäischen Sozialfonds Plus von 2021-2027 mindestens 5% des Programms in Maßnahmen zur Erreichung einer Kindergarantie laufen müssen und zusätzliche 6 Milliarden für Maßnahmen adressiert an Kinder und Jugendliche in die Programme fließen. Im Frühjahr erwarten wir die von Kommissionspräsidentin Von der Leyen angekündigten Empfehlungen der EU Kommission zur Umsetzung der Kindergarantie in den Mitgliedstaaten. Komplementär dazu soll dieses Jahr die EU Kinderrechtsstrategie die Verstärkung der demokratische Teilhabe von Kinder und Jugendlichen, den Schutz besonders bedürftiger Kinder, den Kampf gegen Kinderarmut und den Schutz von Kinder- und Jugendrechten im Internet anschieben. Die Erwartungen an Europa im Bereich Kinderschutz und Kinderrechte sind also groß. Für den Erfolg der Initiativen wird es entscheidend, ob sie in verbindliche Gesetze und spezifische überprüfbare Maßnahmen mit festen Zielwerten resultieren. Es ist meine ernüchternde Erfahrung im Kampf für die Gleichstellung für Menschen mit Romani-Hintergrund, dass Empfehlungen nicht ausreichen, um Grundrechte effektiv zu schützen und Hindernisse zur gleichberechtigten Teilhabe abzubauen.